Geändert am:
12.04.2021Autor: Dr. Bertil Kluthe
Nebenniere
Morbus Cushing / adrenales Cushing-Syndrom - Hypercortisolismus
Der Hypercortisolismus in seinen verschiedenen Ausprägungen wird mit einem gemeinsamen Text abgehandelt.
Definition
Unter diesem Begriff versteht man ein Krankheitsbild, das durch ein chronisches Überangebot an Glucocorticoiden bzw. Cortisol mit den daraus resultierenden Symptomen und Komplikationen gekennzeichnet ist. Frauen sind dabei etwa 5x häufiger betroffen als Männer, vor allem zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.
Ursachen
Da das in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) gebildete Hormon ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) die Bildung von Cortisol fördert, kann auch eine ACTH-Überproduktion zu einem Hypercortisolismus führen. Man unterscheidet daher im wesentlichen zwischen zwei Formen.
1. ACTH-abhängige Form (bei ca. 85%)
Hier ist das Cortisol-Überangebot auf eine gesteigerte Bildung von ACTH zurückzuführen, die zu einer beidseitigen Größenzunahme der Nebennieren führt. Ursache ist in den meisten Fällen (>90%) ein Adenom (gutartiger Tumor) der Hirnanhangdrüse, das vermehrt ACTH produziert und ausschüttet. Dieses Krankheitsbild wird als Morbus Cushing bezeichnet. Bestimmte Tumoren (meist in Lunge, Schilddrüse, Nebennierenmark oder Bauchspeicheldrüse) sind in der Lage, außerhalb der Hirnanhangdrüse ACTH zu produzieren. Daher kann sich auch in diesen Fällen ein Cushing-Syndrom ausbilden.
2. ACTH-unabhängige Form (bei ca. 15%)
Bei dieser Form ist der Hypercortisolismus auf eine vermehrte Cortisol-Bildung in den Nebennieren (z.B. durch gut- und bösartige Tumoren) oder auf die therapeutische Gabe von Glucocorticoiden zur Behandlung chronisch-entzündlicher Erkrankungen wie z.B. Rheuma oder Asthma zurückzuführen.
3. Pseudo-Cushing-Syndrom
Eine gesteigerte Bildung von Cortisol kann auch durch Alkoholismus und schwere Depressionen ausgelöst werden.
Symptome
Die vielfältigen Auswirkungen dieser Krankheit sind auf das gesteigerte Cortisolangebot zurückzuführen. Einzelne Symptome sind nicht aussagekräftig und lassen nicht direkt auf einen Hypercortisolismus schließen. Erst das gemeinsame Auftreten mehrerer Anzeichen rechtfertigt den Verdacht eines Cortisolüberschusses. Dazu zählen:
- Mondgesicht
- Büffelnacken
- stammbetonte Fettsucht (Bauch, Nacken, Gesicht)
- leichter Bluthochdruck
- Störungen des Kohlenhydratstoffwechsel (gestörte Glucosetoleranz / Diabetes mellitus)
- Osteoporose durch verringerte Calciumresorption und verminderten Knochenaufbau
- Muskelschwäche
- dünne Extremitäten durch Muskelschwund
- bei Frauen: Zyklusunregelmäßigkeiten, vermehrte Körperbehaarung
- Potenz- und Libidoverlust
- breite rote Streifen im Bereich des Schultergürtels, Bauch und Oberschenkel
- pergamentartige Haut
- Neigung zu blauen Flecken, Haarausfall und Thrombosen
- psychische Störungen (Labilität, Depressionen, Paranoia)
Diagnostik
Beim Verdacht eines Hypercortisolismus erfolgt zunächst die Bestimmung der Cortisol-Ausscheidung im 24h-Urin. Einzelne Messungen von ACTH und Cortisol im Blutplasma sind nicht immer aussagekräftig, da diese beiden Hormone nicht kontinuierlich, sondern intervallartig abgegeben werden. Bei normalen Urinwerten kann ein Cortisolüberangebot ausgeschlossen werden. Liegen erhöhte Werte vor, erfolgt die Ermittlung der Ursache mit Hilfe des sogenannten CRH-Tests.
CRH ist ein Hormon, das die Bildung von ACTH und damit indirekt von Cortisol stimuliert. Bei diesem Test wird dem Patienten CRH verabreicht und die Konzentrationen von ACTH bestimmt. Bei einem Anstieg der ACTH-Konzentration liegt ein ACTH-unabhängiger Hypercortisolismus vor, ist kein Anstieg nachzuweisen, spricht dies für die ACTH-abhängige Variante.
Je nach dem, welche Ergebnisse dieser Test liefert, können noch weitere diagnostische Maßnahmen erforderlich sein. Dazu zählen z.B. Ultraschall, Sonographie oder Magnetresonanztomographie. Nach der Ermittlung der Ursache kann mit dem Beginn der entsprechenden Therapie begonnen werden.
Therapie
Eine Therapie erhöhter Cortisolwerte ist aufgrund der vielfältigen Komplikationen zwingend erforderlich. Liegt ein ACTH-produzierendes Adenom der Hirnanhangdrüse vor, wird dieses nach erfolgreicher Lokalisationsdiagnostik (Kernspintomographie, seitengetrennte ACTH-Bestimmung durch Katheterisierung des Sinus petrosus inferior) chirurgisch entfernt. Dieses Verfahren ist in über 90% der Fälle erfolgreich. Bei vollständiger Entfernung ist meist die medikamentöse Gabe von Cortisol notwendig. Bei unvollständiger Resektion des Adenoms (etwa 10%) kann es zu einem Rückfall kommen, der eine weitere Operation erforderlich macht. Bleibt auch hier der Erfolg aus, kann die Bildung der Glucocorticoide durch bestimmte Medikamente (z.B. Ketoconazol) gehemmt werden.
Die Entfernung der Nebennieren (Adrenalektomie) wird nur noch angewandt, wenn eine zweite Operation nicht erfolgreich ist oder ein ACTH-produzierender Tumor außerhalb der Hirnanhangdrüse vorliegt. Eine Alternative stellt die Bestrahlung der Hypophyse dar, deren Wirkung in der Regel aber erst nach 1-2 Jahren eintritt.
Tumoren der Nebennieren werden operativ entfernt. Bei gutartigen Adenomen ist die Prognose günstig, bei bösartigen Tumoren der Nebenniere hängt sie vom Zeitpunkt der Diagnose ab.
Nebenniere
Morbus Cushing / adrenales Cushing-Syndrom – Hypercortisolismus
Der Hypercortisolismus in seinen verschiedenen Ausprägungen wird mit einem gemeinsamen Text abgehandelt.
Definition
Unter diesem Begriff versteht man ein Krankheitsbild, das durch ein chronisches Überangebot an Glucocorticoiden bzw. Cortisol mit den daraus resultierenden Symptomen und Komplikationen gekennzeichnet ist. Frauen sind dabei etwa 5x häufiger betroffen als Männer, vor allem zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.
Ursachen
Da das in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) gebildete Hormon ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) die Bildung von Cortisol fördert, kann auch eine ACTH-Überproduktion zu einem Hypercortisolismus führen. Man unterscheidet daher im wesentlichen zwischen zwei Formen.
1. ACTH-abhängige Form (bei ca. 85%)
Hier ist das Cortisol-Überangebot auf eine gesteigerte Bildung von ACTH zurückzuführen, die zu einer beidseitigen Größenzunahme der Nebennieren führt. Ursache ist in den meisten Fällen (>90%) ein Adenom (gutartiger Tumor) der Hirnanhangdrüse, das vermehrt ACTH produziert und ausschüttet. Dieses Krankheitsbild wird als Morbus Cushing bezeichnet. Bestimmte Tumoren (meist in Lunge, Schilddrüse, Nebennierenmark oder Bauchspeicheldrüse) sind in der Lage, außerhalb der Hirnanhangdrüse ACTH zu produzieren. Daher kann sich auch in diesen Fällen ein Cushing-Syndrom ausbilden.
2. ACTH-unabhängige Form (bei ca. 15%)
Bei dieser Form ist der Hypercortisolismus auf eine vermehrte Cortisol-Bildung in den Nebennieren (z.B. durch gut- und bösartige Tumoren) oder auf die therapeutische Gabe von Glucocorticoiden zur Behandlung chronisch-entzündlicher Erkrankungen wie z.B. Rheuma oder Asthma zurückzuführen.
3. Pseudo-Cushing-Syndrom
Eine gesteigerte Bildung von Cortisol kann auch durch Alkoholismus und schwere Depressionen ausgelöst werden.
Symptome
Die vielfältigen Auswirkungen dieser Krankheit sind auf das gesteigerte Cortisolangebot zurückzuführen. Einzelne Symptome sind nicht aussagekräftig und lassen nicht direkt auf einen Hypercortisolismus schließen. Erst das gemeinsame Auftreten mehrerer Anzeichen rechtfertigt den Verdacht eines Cortisolüberschusses. Dazu zählen:
Mondgesicht
Büffelnacken
stammbetonte Fettsucht (Bauch, Nacken, Gesicht)
leichter Bluthochdruck
Störungen des Kohlenhydratstoffwechsel (gestörte Glucosetoleranz / Diabetes mellitus)
Osteoporose durch verringerte Calciumresorption und verminderten Knochenaufbau
Muskelschwäche
dünne Extremitäten durch Muskelschwund
bei Frauen: Zyklusunregelmäßigkeiten, vermehrte Körperbehaarung
Potenz- und Libidoverlust
breite rote Streifen im Bereich des Schultergürtels, Bauch und Oberschenkel
pergamentartige Haut
Neigung zu blauen Flecken, Haarausfall und Thrombosen
psychische Störungen (Labilität, Depressionen, Paranoia)
Diagnostik
Beim Verdacht eines Hypercortisolismus erfolgt zunächst die Bestimmung der Cortisol-Ausscheidung im 24h-Urin. Einzelne Messungen von ACTH und Cortisol im Blutplasma sind nicht immer aussagekräftig, da diese beiden Hormone nicht kontinuierlich, sondern intervallartig abgegeben werden. Bei normalen Urinwerten kann ein Cortisolüberangebot ausgeschlossen werden. Liegen erhöhte Werte vor, erfolgt die Ermittlung der Ursache mit Hilfe des sogenannten CRH-Tests.
CRH ist ein Hormon, das die Bildung von ACTH und damit indirekt von Cortisol stimuliert. Bei diesem Test wird dem Patienten CRH verabreicht und die Konzentrationen von ACTH bestimmt. Bei einem Anstieg der ACTH-Konzentration liegt ein ACTH-unabhängiger Hypercortisolismus vor, ist kein Anstieg nachzuweisen, spricht dies für die ACTH-abhängige Variante.
Je nach dem, welche Ergebnisse dieser Test liefert, können noch weitere diagnostische Maßnahmen erforderlich sein. Dazu zählen z.B. Ultraschall, Sonographie oder Magnetresonanztomographie. Nach der Ermittlung der Ursache kann mit dem Beginn der entsprechenden Therapie begonnen werden.
Therapie
Eine Therapie erhöhter Cortisolwerte ist aufgrund der vielfältigen Komplikationen zwingend erforderlich. Liegt ein ACTH-produzierendes Adenom der Hirnanhangdrüse vor, wird dieses nach erfolgreicher Lokalisationsdiagnostik (Kernspintomographie, seitengetrennte ACTH-Bestimmung durch Katheterisierung des Sinus petrosus inferior) chirurgisch entfernt. Dieses Verfahren ist in über 90% der Fälle erfolgreich. Bei vollständiger Entfernung ist meist die medikamentöse Gabe von Cortisol notwendig. Bei unvollständiger Resektion des Adenoms (etwa 10%) kann es zu einem Rückfall kommen, der eine weitere Operation erforderlich macht. Bleibt auch hier der Erfolg aus, kann die Bildung der Glucocorticoide durch bestimmte Medikamente (z.B. Ketoconazol) gehemmt werden.
Die Entfernung der Nebennieren (Adrenalektomie) wird nur noch angewandt, wenn eine zweite Operation nicht erfolgreich ist oder ein ACTH-produzierender Tumor außerhalb der Hirnanhangdrüse vorliegt. Eine Alternative stellt die Bestrahlung der Hypophyse dar, deren Wirkung in der Regel aber erst nach 1-2 Jahren eintritt.
Tumoren der Nebennieren werden operativ entfernt. Bei gutartigen Adenomen ist die Prognose günstig, bei bösartigen Tumoren der Nebenniere hängt sie vom Zeitpunkt der Diagnose ab.